Man darf nicht alles mit nach Hause nehmen, sonst packt man das nicht.

Polizei im Kreis Herford
Christian Obrok, MdL

„Willst du nicht besser auf der anderen Seite einsteigen? Hinten rechts sitzen meistens unsere ‚Kunden‘...“ Mit diesen Worten begann meine Nachtschicht bei der Polizei. Fast neun Stunden lang durfte ich die Polizist:innen Lena, Christian und anderen Mitglieder des Teams im Dienst begleiten. Ich schreibe hier, ohne alle Details zu nennen. Das habe ich versprochen.

Abends um halb zehn, während andere vorm Fernseher hocken, zieht sich die Nachtschicht die Uniform an. Auch mit einigen Tagen Abstand bin ich immer noch bewegt von dem, was wir erlebt haben.

Es gab kein Aufwärmen, kein Ankommen, nur ein kurzes Bekanntmachen, denn wir mussten sofort los zum ersten Einsatz. Über Funk wussten wir, was uns erwartet: Ein schwerer Verkehrsunfall mit Todesfolge.

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Auf einer Bundesstraße gab es eine frontale Kollision zwischen einem LKW und einem Auto. Der Einsatz lief bereits. Für uns ging es darum, die Kolleg:innen der Spätschicht abzulösen. Die Bergungsarbeiten dauerten noch an. Und die einzelnen Rädchen griffen ineinander. Koordination mit der Feuerwehr, dem Verkehrskommissariat, mit Gutachtern, der Presse, Havariekommissaren. Alles bei eisiger Kälte.

Von Anfang an hat mich die Professionalität beeindruckt, die Ruhe mit der der Einsatz lief. Die Wucht der Bilder und Eindrücke wirkt aber natürlich nach. „Man darf nicht alles mit nach Hause nehmen, sonst packt man das nicht“ – das war einer der Sätze, die ich öfter gehört habe in dieser Nacht. Die Erfahrung, die klaren Abläufe, der Zusammenhalt unter den Kolleg:innen – all das hilft dabei, Dinge einzuordnen, seine Aufgaben zu erledigen.

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Bei der Polizei zu arbeiten, das ist kein Job wie jeder andere. Das weiß man, bevor man diesen besonderen Beruf wählt. Die vielen Überstunden, die Zusatzschichten, der mangelnde Respekt vor Menschen in Uniform, die stets wachsenden Aufgaben und Einsatzbereiche – das verlangt trotzdem vieles ab. Von einem selbst und auch der Familie daheim.

Mein Respekt für die Arbeit, die die Polizist:innen für unsere Gesellschaft und die Sicherheit leisten, ist durch meine Nachschicht noch einmal gestiegen. Während ich diese Zeilen schreibe, höre ich Sirenen. Gleich halb zehn. Die neue Nachtschicht beginnt.

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Mehrere hunderttausend Menschen in Nordrhein-Westfalen arbeiten, wenn alle anderen schlafen. In der Nachtarbeit werden zentrale Aufgaben unserer Gesellschaft verrichtet. Sie fällt dort an, wo Menschen in Not sind, man sich um andere kümmert, die Produktion nicht stillstehen darf, Sicherheit organisiert oder für alle anderen der Start in den Tag vorbereitet wird.

Wir reden viel zu wenig über diese Arbeit und die Menschen, die sie verrichten. Das wollen wir ändern und schauen genauer hin: Hinter die Kulissen und in die Gesichter der Arbeit bei Nacht.

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Ein Projekt der SPD
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